Diese Auswirkungen hat die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus auf die eigene Flugtauglichkeit und auf eine Ausbildung zur Leichtflugzeugführerlizenz LAPL(A) bzw. zur Privatpilotenlizenz PPL(A)
Flugschein mit Diabetes: Möglich oder nicht?
Diabetes mellitus, die auch als Zuckerkrankheit bezeichnete Stoffwechselstörung, gilt heute als eine der großen Erkrankungen der modernen Zivilisation. Bei der Erkrankung, die durch eine krankhafte Störung des Zuckerstoffwechsels ausgelöst wird, unterscheidet man ganz grundsätzlich zwei verschiedene Typen Diabetes: den Diabetes Typ 1 und den Diabetes Typ 2. Welche Auswirkungen beide auf die Flugtauglichkeit und auf die Ausbildung zu einer Pilotenlizenz (Ultraleichtfliegen, Motorflug, Segelflug bzw. Motorsegler) haben, das verraten wir Ihnen jetzt.
Beginnen möchten wir zunächst einmal mit den Unterschieden der beiden Typen und wie sich deren Symptome sowie die Begleitumstände auf das Fliegen im Segelflug und Motorflug auswirken können.
DIABETES TYP 1 – DIE SELTENERE FORM DER DIABETES
Unter Diabetes Typ 1 leiden in Deutschland ungefähr 200.000 Menschen. Die Ursache dieses Diabetes mellitus Typen ist eine Störung der Bauchspeicheldrüsen-Funktion, die nicht mehr genügend oder aber gar kein Insulin mehr produziert. Insulin ist dafür zuständig, den im Blut zirkulierenden Zucker als Energielieferant in die Körperzellen zu transportieren. Wird nicht mehr genug Insulin über die Bauchspeicheldrüse zur Verfügung gestellt, steigt der Zuckerspiegel im Blut an. Die Folgen sind starker Durst, erhöhter Harndrang, wahrnehmbarer Gewichtsverlust und auch Symptome wie Schwindel, Übelkeit, Schwäche, Bewusstseinsstörungen und Bewusstlosigkeit, die besonders im Hinblick auf die Flugtauglichkeit mehr als kritisch zu sehen sind.
Behandelt wird der Diabetes Typ 1 mit einer lebenslangen Insulintherapie, bei der sich die Betroffenen über Spritzen, einen Insulin-Pen oder eine Insulin-Pumpe das für sie lebenswichtige Insulin selbst verabreichen. Wichtig – vor allem im Zusammenhang mit dem Fliegen – ist eine gute Einstellung der Blutzuckerwerte und eine hohe Therapietreue, da es durch falsche Insulinberechnung zu Komplikationen wie einer Unterzuckerung kommen kann. Diese sogenannte Hypoglykämie macht sich durch Schwindel, Schwäche, Übelkeit und ein Zittern der Hände bemerkbar – allesamt Symptome, die beim Fliegen (ob nun als Berufspilot oder als Privatpilot) für den Piloten selbst und auch für seine Passagiere zur lebensbedrohlichen Gefahr werden können.
DIABETES TYP 2 – VOLKSKRANKHEIT ZUCKER
Im Gegensatz zum Typ 1 handelt es sich beim Diabetes Typ 2 nicht um eine seltene Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse, sondern um eine klassische Volkskrankheit, an der deutschlandweit über 8 Millionen Menschen leiden. Die im Volksmund auch als Altersdiabetes bezeichnete Erkrankung betrifft längst nicht mehr nur die ältere Bevölkerungsschicht, sondern zunehmend auch immer mehr junge Erwachsene und sogar Kinder. Die klassischen Risikofaktoren für Diabetes Typ 2 sind vor allem Übergewicht, ein erhöhter Blutdruck, erhöhte Blutfette (Cholesterin) und ein ungesunder Lebensstil mit ballaststoffarmer, fettreicher Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel.
Die Folge: Körperzellen werden zunehmend unempfindlicher gegen das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin. Durch diese wachsende Insulinresistenz reicht, die im Körper produzierte Insulinmenge nicht mehr aus, um den Blutzucker in die Zellen einzuschleusen. Die Bauchspeicheldrüse beginnt deshalb damit, mehr Insulin zu produzieren, um diesen Mangel auszugleichen. Diese dauerhafte Überlastung führt dazu, dass die Insulinproduktion zurückgeht und die Bauchspeicheldrüse dem Körper immer weniger Insulin zur Verfügung stellen kann. Dadurch entwickelt sich ein Insulinmangel, der in dieser Phase der Erkrankung nur noch durch Insulinspritzen kompensiert werden kann.
Flugtauglich trotz Diabetes?
Was aber bedeutet all das nun für das Fliegen bzw. für eine Pilotenausbildung? Grundsätzlich muss jeder, der einen Flugschein machen möchte, sich erstmal die fliegerische Tauglichkeit von einem speziell ausgebildeten Fliegerarzt bestätigen lassen. Für diese sogenannte Tauglichkeitsprüfung gibt es eine europäische Verordnung, in die wir an dieser Stelle einmal schauen möchten.
In der Durchführungsverordnung (EU) 2019/27 zur Festlegung technischer Vorschriften und Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EU) 2018/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates findet sich unter MED.B.025 folgender Passus zum Thema Stoffwechsel- und endokrines System (b) Diabetes mellitus)):
- Bewerber mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus sind als untauglich zu beurteilen.
- Bewerber mit nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus sind als untauglich zu beurteilen, es sei denn, es kann eine erfolgreiche und stabile Einstellung des Blutzuckerspiegels nachgewiesen werden.
Killerkriterium Insulin
Aus der Verordnung lässt sich also zunächst einmal grundsätzlich ableiten, dass insulinpflichtige Diabetiker nicht flugtauglich sind und damit auch untauglich für eine Ausbildung zum Privatpiloten sind. Oder kurz: Wer Insulin spritzen muss, der bekommt kein Medical bzw. muss es nach Feststellung der Erkrankung abgeben. Der Grund dafür sind die bereits beschriebenen gefährlichen Symptome wie Schwindel, Schwäche, Übelkeit und Zittern, die bei falsch eingestellten Blutzuckerwerten während des Fluges auftreten können. Auch Glukose-Monitoring-Systeme, mit denen der Blutzucker kontinuierlich grafisch dargestellt werden kann und die bei einer drohenden Unterzuckerung automatisch alarmieren, schaffen hier leider keine Abhilfe. Das Thema Insulin ist aktuell deshalb ein Killerkriterium für den eigenen Flugschein.
Flugschein mit Diabetes? Klar geht das.
Anders hingegen sieht es jedoch für Diabetiker aus, die nicht auf Insulin angewiesen sind und bei denen der Blutzucker stabil eingestellt ist. Hier sagt die Durchführungsverordnung, dass diese Bewerber von einem Fliegerarzt als flugtauglich beurteilt werden können. Während seiner Untersuchung wird der Fliegerarzt also sehr genau darauf achten, wie es um die Blutzuckerwerte des angehenden Piloten bestellt ist. Gibt der Fliegerarzt grünes Licht, dann steht einer Ausbildung zur Privatpilotenlizenz oder zur Leichtflugzeugführerlizenz nichts mehr im Wege.
Was in anderen Ländern gilt
Diese Praxis im Zusammenhang mit Diabetes ist in den meisten Ländern der Welt gültig. Ob nun in den USA, Frankreich, Italien, Japan, Brasilien usw. Als Insulin-Patient bleibt einem hier der Weg in das Cockpit in aller Regel verwehrt. Anders hingegen in Großbritannien und Kanada. Hier können auch insulinbehandelte Diabetiker Piloten werden und sogar Passagiermaschinen steuern. Voraussetzung dafür ist allerdings eine exzellente Blutzuckereinstellung und ein hoher Wissensstand im Bezug auf die eigene Diabetes-Erkrankung, den man als angehender Pilot über ein Prüfprotokoll nachweisen muss. Zudem müssen die Piloten strikte Diabetes-Vorschriften erfüllen und vor sowie während des Fluges in kurzen Abständen den Blutzuckerwert überprüfen. Aufgrund der guten Erfahrungen sind an dieser Vorgehensweise auch einige weitere europäische Länder interessiert und prüfen aktuell die Zulassung insulinbehandelter Piloten.
Mit dem Fliegerarzt des Vertrauens sprechen
Bis es jedoch auch in Deutschland soweit ist, können wir nur allen flugbegeisterten Diabetikern folgenden Tipp geben: Bevor Sie sich als Diabetiker näher mit dem Fliegen beschäftigen und sich in unserer Flugschule anmelden, sprechen Sie vorher mit Ihrem behandelnden Arzt über den Wunsch des Fliegens. Ihr Arzt kennt Sie und Ihre Blutzuckereinstellung am besten und kann deshalb bereits meist eine gute erste Einschätzung abgeben, ob Sie für das Fliegen geeignet sind. Bitten Sie Ihren Arzt anschließend um alle nötigen Unterlagen aus Ihrer Krankenakte und vereinbaren Sie einen ersten Beratungstermin bei einem Fliegerarzt in Ihrer Nähe. Dieser kann recht zuverlässig einschätzen, ob Sie mit Ihrem persönlichen Diabetes-Status für das Fliegen geeignet sind und eine Flugtauglichkeitsbescheinigung erhalten können.
Sie wollen fliegen?
Falls seine Antwort positiv ausfällt, freuen wir uns schon jetzt darauf, Sie demnächst in unserer Flugschule als Flugschüler begrüßen zu dürfen.
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